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Andreas Oberweis - Meine Zeit als EMISA Sprecher (2001 - 2006)

Andreas Oberweis, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe

Seit Anfang 1985 bin ich Mitglied der Gesellschaft für Informatik (GI). Anlass für den damaligen Eintritt in die GI war die geplante Teilnahme an einer EMISA-Tagung in Tutzing. Damals war es die Regel am Institut AIFB der Universität Karlsruhe (heute: KIT), an dem ich schon damals tätig war, dass man auf Dienstreisen nur dann Tagungsgebühren vollständig erstattet bekommt, wenn man sich durch Mitgliedschaft in der veranstaltenden Gesellschaft (hier: GI) den reduzierten Tagungsbeitrag gesichert hat. Und damals war es in der GI tatsächlich auch noch üblich, dass sich bei Veranstaltungen die Tagungsgebühren der GI-Mitglieder von den Tagungsgebühren der Nicht-GI-Mitglieder um ziemlich genau einen GI-Jahresbeitrag unterschieden haben. Insofern gab es bei Teilnahme an einer GI-Tagung einen erheblichen monetären Anreiz, auch Mitglied der GI zu werden, falls man es nicht bereits war. Heute ist dieser Anreiz meist nicht mehr gegeben, da die Ermäßigung der Tagungsgebühren für GI-Mitglieder im Allgemeinen nur noch sehr gering ist. Hintergrund ist, dass Tagungsveranstalter die Nicht-GI-Mitglieder nicht durch für diese Teilnehmergruppe unattraktive Tagungsgebühren abschrecken möchten. Das ist aus dem Blickwinkel der Tagungsveranstalter nachvollziehbar – für die Gesamt-GI (und ihre Fachgruppen) ist das aber durchaus problematisch zu sehen, da auf der anderen Seite der Anreiz zur Mitgliedschaft in der GI eben dadurch auch geringer wird.

Ab 1986 war ich wiss. Mitarbeiter bei Georg Lausen, der zunächst in Darmstadt Professor war und 1987 nach Mannheim wechselte. Von 1987 - 1990 war er EMISA-Sprecher und dadurch kam ich relativ früh auch mit administrativen Aufgabenstellungen der Fachgruppenleitung in Kontakt. Mehr noch: nachdem Georg Lausen 1990 das Sprecheramt an seinen Nachfolger Helmut Thoma weitergegeben hat, bin ich selbst 1992 in das Amt des Redakteurs des EMISA FORUM „gerutscht“. Damals fand gerade ein „Re-Launch“ des EMISA FORUM statt mit neuem Erscheinungsbild und regelmäßiger Erscheinungsform (2x jährlich). Traditionellerweise ist das Amt des EMISA FORUM-Redakteurs verbunden mit dem Amt des stellvertretenden Sprechers der Fachgruppe. Auch während der Sprecherzeit von Prof. Gottfried Vossen, der 1995 auf Helmut Thoma folgte, setzte ich die Redaktion des EMISA FORUM fort.

Nach Gottfried Vossen bin ich dann 2001 selbst EMISA-Sprecher geworden. Die Wahl fand in Linz/Österreich im Herbst 2000 am Rande des EMISA-Fachgruppentreffens statt. Das Amt des EMISA FORUM-Redakteurs konnte ich nach fast 10 Jahren mit 19 Ausgaben des EMISA FORUM an Prof. Mathias Weske abgeben, der damals gerade von Eindhoven auf seine derzeitige Professur in Potsdam gewechselt ist. Mein subjektiver Eindruck nach dem Wechsel war: die zeitliche Belastung des Sprechers ist erheblich geringer als die des EMISA FORUM-Redakteurs.
2001 startete auch der neue Web-Auftritt der EMISA unter der Adresse emisa.org, auf der seitdem auch das EMISA FORUM weitgehend vollständig digital bereitgestellt wird.

Aus der Zeit zwischen 2001 und 2006 gibt es daneben über folgende Aktivitäten im EMISA-Kontext zu berichten:

  1. Aufspaltung des damaligen Fachbereichs „Rechnergestützte Informationssysteme“ im Herbst 2001 in die beiden Fachbereiche „Datenbanksysteme und Informationssysteme“ sowie „Softwaretechnik“. Die EMISA gehörte fortan neben der Fachgruppe „Datenbanken“ und der Fachgruppe „Information Retrieval“ zum FB „Datenbanken und Informationssysteme“.
  2. Beteiligung der Fachgruppe an der FB-Tagung BTW 2001 (Oldenburg), BTW 2003 (Leipzig), BTW 2005 (Karlsruhe). Das Kürzel BTW stand ursprünglich für „Datenbanken in Büro, Technik und Wissenschaft“ und ist später „modernisiert“ worden zu „Datenbanken in Business, Technologie und Web“. Die BTW ist eigentlich die zentrale Tagung des FB „Datenbanken und Informationssysteme“. Bis heute ist es der EMISA aber nicht gelungen, nennenswerten Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung der Veranstaltung zu erhalten. Die BTW ist weiter in erster Linie eine reine Datenbanktagung geblieben, bei der die traditionellen Themen der EMISA aus verschiedenen Gründen bis heute nicht adäquat vertreten sind.
  3. Gemeinsame Veranstaltungen mit der inhaltlich benachbarten Fachgruppe MobIS (Modellierung betrieblicher Informationssysteme) im Fachbereich Wirtschaftsinformatik, z.B. das gemeinsame Fachgruppentreffen in Bamberg 2001.
  4. Fachgruppentreffen gemeinsam mit der Fachgruppe „Petri-Netze und verwandte Systemmodelle“ 2002 in Potsdam. Mit dieser Fachgruppe gab es in der EMISA schon seit vielen Jahren (und gibt es weiterhin) regelmäßig Kooperationen, unter anderem auch wegen zahlreicher Mitglieder, die in beiden Fachgruppen aktiv sind.
  5. Gründung verschiedener EMISA-Arbeitskreise zu (damals) aktuellen Themen, etwa „Entwicklung Web-Service basierter Anwendungen“ und „Enterprise Architecture“. Daneben hat die EMISA sich an der Gründung weiterer Arbeitskreise mit anderen Fachgruppen beteiligt.
  6. Etablierung der Tagungsreihe Modellierung, die 1998 in Münster ins Leben gerufen worden ist, 2001 in Bad Lippspringe bereits von insgesamt 7 GI-Fachgruppen gemeinsam veranstaltet worden ist und seitdem jährlich in wechselnden Formaten stattfindet. Traditionell gibt es hier eine starke EMISA-Beteiligung, zwischenzeitlich sind insgesamt 12 GI-Fachgruppen mit Bezug zum Thema Modellierung an der Veranstaltungsreihe beteiligt, und es ist sogar ein Querschnitts-Fachausschuss Modellierung in der GI gegründet worden.
  7. Fachgruppentreffen 2004 in Luxemburg mit Jubiläum „25 Jahre EMISA“.
  8. Fachgruppentreffen 2005 in Klagenfurt im Vorfeld der Int. Conference on Conceptual Modelling (ER 2005).

Zum Abschluss dieses kurzen Berichtes über meine Amtszeit als EMISA-Sprecher möchte ich aus meinem letzten Editorial im EMISA FORUM 2 2006 zitieren:

„Wie sieht mein Fazit der vergangenen 6 Jahre aus? Auf den ersten Blick ist sicher ernüchternd, dass die Mitgliederzahl der EMISA immer weiter zurückgegangen ist (dieser Trend hält seit 20 Jahren mehr oder weniger an). Die Gründe sind oft diskutiert und auch im EMISA FORUM angesprochen worden: das Generalthema "Entwicklungsmethoden für Informationssysteme" zersplittert immer weiter in Detailfragen und auch Modethemen, die der Markt vorgibt. Die traditionellen, großen Fachgruppen in der GI sind naturgemäß nicht besonders gut geeignet, um schnell auf neue Entwicklungen reagieren zu können. Für diese Aufgabe gibt es in der GI die sog. Arbeitskreise, und bezüglich Neugründung von Arbeitskreisen ist die EMISA traditionellerweise sehr aktiv. Viele aktuelle Fragestellungen der Entwicklung von Informationssystemen beschränken sich nicht nur auf ein einzelnes Teilgebiet der Informatik, sondern erfordern die Kooperation mit anderen. Ich denke hier vor allem an Techniken des Software Engineering und des Knowledge Engineering, Methoden des Usability Engineering, ökonomisch-organisatorische Verfahren, aber auch an empirische Untersuchungen zu  gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Informations- und Kommunikationstechnologien. Im Hinblick auf Interdisziplinarität ist die EMISA ebenfalls schon immer sehr aktiv und kooperiert regelmäßig in gemeinsamen Veranstaltungen mit den inhaltlich benachbarten Fachgliederungen der GI. Ein altes Thema ist auch die Einbindung der EMISA in die internationale Fach-Community. Neben der Zusammenarbeit mit Kollegen aus Österreich und der Schweiz kooperiert EMISA regelmäßig auch mit Fachkollegen aus anderen Ländern, etwa kürzlich bei der Veranstaltung AIM 2006  mit Kollegen und Kolleginnen aus Luxemburg und aus Frankreich. Es gibt aber sicher noch viel zu tun an dieser Stelle. Ein letztes Thema, das hier kurz angesprochen werden soll, ist die aktive Einbeziehung von Mitgliedern aus der Praxis in die Fachgruppenarbeit. Dies ist bekanntermaßen ein schwieriges Problem, da die Mitglieder aus der Praxis sehr viel genauer auf den direkten Nutzen achten müssen, den ihnen beim knappen Zeitbudget die Fachgruppenaktivitäten für die berufliche Tätigkeit bieten, als das Wissenschaftler an Hochschulen üblicherweise tun. Wünschenswert für das künftige Leitungsgremium ist, dass auch wieder Vertreter aus der Praxis gewählt werden, um deren Interessen bei der Themenauswahl und Gestaltung der Fachgruppenaktivitäten einzubringen.

Im Übrigen bin ich weiterhin davon überzeugt, dass die EMISA mit ihrem umfassenden thematischen Anspruch nicht nur eine Daseinsberechtigung sondern einen wichtigen Auftrag in der GI hat. Sie muss den Mitgliedern den inhaltlichen Zusammenhalt und Gesamtüberblick bieten, der bei zunehmender Spezialisierung der Themen in Kleingruppen ansonsten verloren geht.“